Molekulare Informationen ermöglichen individuelle Diagnosen und Therapien mit einer bisher nicht möglichen Präzision.
Es hat selten eine Zeit gegeben, in der in der Medizin zwei Paradigmenwechsel zeitgleich stattfinden: die Digitalisierung und das Lesen und Verstehenkönnen der molekularen Informationen des Lebens. Der letzte vergleichbare Paradigmenwechsel war vermutlich die Erfindung des Mikroskops im 17. Jahrhundert: Bildgebende Verfahren, die über das durch das Auge Erkennbare hinausgehen, haben die Medizin seitdem geprägt und zu einer Beobachtungsmedizin geführt. Die jetzigen Paradigmenwechsel werden als Präzisionsmedizin zu einer „outcomes based medicine“ (auf effektiven Behandlungsergebnissen basierenden Medizin) führen und statt einer reaktiven eine präventive Gesundheitsplanung und ein präventives Krankheitsmanagement ermöglichen.
Molekulare Informationen unterscheiden sich von allen anderen Informationsquellen in einem entscheidenden Punkt: Sind letztere Daten- oder Beobachtungs-basiert und deskriptiv, so sind die molekularen Informationen Code-basiert, die „Festplatte des Lebens“. Das Zusammenführen beider ermöglicht ganz neue Erkenntnisdimensionen, die nur durch Digitalisierung und Computing-Systeme erfasst, verstanden und angewendet werden können.
Weil man molekulare Muster wie das Genom, Proteom, Metabolom usw. lesen und immer besser verstehen kann, kann man ein immer ursächlicheres Verständnis über ein individuelles Krankheitsbild und dessen Behandlungsmöglichkeiten gewinnen. Dieses sozusagen „molekulare Röntgenbild“ ergänzt alle heute schon verfügbaren Informationen und ermöglicht präzise Diagnostik und maßgeschneiderte individuelle Therapieempfehlungen.
Präzisionsmedizin ist gekennzeichnet durch:
klinische und molekulare Patientendaten als Grundlage von Diagnose, Therapie-Unterstützung und real-time Verfolgbarkeit von Therapie-Erfolgen;
IT-Technologien im Zentrum von Integration und Interpretation;
wissenschaftliches Wissen und individuelle Patienten-Information als Kern-Referenz für Entscheidungen;
Wearables als zusätzliche Informationsquellen für die Beschreibung von Gesundheits- und Krankheits-Situationen des Einzelnen;
Smartphones und soziale Netzwerke als Vermittler immer besser informierter und immer mündiger werdender Patienten.
Präzisionsmedizin bedeutet für …
Patienten und Ärzte:
präzise individuelle molekular-basierte Diagnose mit vorhersagbar wirksamen und sicheren Therapie-Optionen;
Pharma:
Neue Medikamente und Therapien können schneller, günstiger und mit geringeren Risiken und Ausfällen in klinischen Studien entwickelt werden. Das führt zu niedrigeren Entwicklungskosten, kürzerer Zeit zum Patienten, längerer Patentlaufzeit sowie besseren Studien- und Markt-
erfolgen und damit zu günstigeren Medikamenten-Preisen;
Versicherungen:
Heute wird nach Leistungskatalog abgerechnet. In Zukunft wird sich der Erfolg einer Behandlung bzw. eines Medikaments in der Erstattung wiederfinden. Behandlungserfolg kann adhoc oder im Nachgang gemessen werden. Dieses „value based reimbursement“ wird Hand in Hand gehen mit „outcomes based medicine“.
Präzisionsmedizin ist auch „4P-Medizin“:
Prädiktiv
In nicht mehr ferner Zukunft wird so gut wie jeder seinen „Code des Lebens“ kennen und haben. Damit wird man nicht nur wie beschrieben besser diagnostizieren und behandeln, sondern auch vorausschauend Gesundheits-Risiken erkennen können.
Präventiv
Das Verstehen vorausschauender Risiken ermöglicht ein darauf angepasstes individuelles Verhalten und abgestimmtes Früherkennungs-System.
Personalisiert
Die Erfassung und Integration aller Gesundheits-, Krankheits- und Life-
style-Daten und deren Korrelation mit dem „Code“ ermöglicht eine bis dato nicht bekannte personalisierte und präzise Gesundheitsplanung und ein entsprechendes Krankheitsmanagement.
Partizipativ
Die individuellen Daten und Informationen werden über neuartige Sicherheits- und Speichersysteme wie zum Beispiel Blockchain abgebildet und gespeichert werden. Hier werden obligatorische, aber auch freiwillige Informationen erfasst und gespeichert. Es entsteht ein neuartiges ganzheitliches, partizipatives System, in dem diese Daten einen realen Wert bekommen. Der vielfältig, zum Beispiel durch token dem Einzelnen verfügbar gemacht werden kann, der diese dann für Leistungen im System nutzen kann. So entsteht ein neuartiges Gesundheitssystem mit zusätzlichen Zahlungs- und Verrechnungsmöglichkeiten und -Systemen.
Die Frage ist nicht, ob diese Zukunft stattfindet, sondern wie und wann. Auch wenn sie mit großen Veränderungen einhergeht, oder vielleicht eher, weil sie mit großen Veränderungen einhergeht, gibt es nur Gewinner – an erster Stelle den Patienten.
Geschäftsführer des Medizintechnik-Unternehmens Molecular Health GmbH
(Heidelberg)
Mit jedem Jahr, das ein Kind später geboren wird, steigt seine Lebenserwartung um 0,7 Jahre; mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz sogar um 1,4 Jahre
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